Der Soldat

Hat er eine Hühnerbrust? (B1S7)

der Kohlensack rennt in allen Gassen herum, weil morgen Sanktgeorgstag ist (B1S8)

Der Soldat ist nicht dumm. Er zeigt seinen Geist im ersten Bild, wenn er Barblin neckt, um ihre Interesse an ihm zu wecken.

Wenn bloss kein Platzregen kommt über Nacht! Nämlich seine Kirche ist nicht so weiss, wie sie tut, das hat sich herausgestellt, nämlich seine Kirche ist nur aus Erde gemacht, und die Erde ist rot, und wenn es ein Platzregen kommt, das saut euch jedesmal die Tünche herab (B1S9).

Der Soldat hat egotistische Gruende, woraus er nicht an Hölle glauben möchte. Auch will er Barblin beweisen, dass den moralen religiösen Lehren des Paters ungestraft getrotzt werden koennen.

Die Machtlosigkeit und Feigheit der Kirche demonstriert der Pater, in dem er nicht versucht, diese Vorwüfe nicht zu beantworten.

Ist's wahr Hochwürden, was die Leut sagen? Sie werden uns überfallen, die Schwarzen da drüben, weil sie neidisch sind auf unsre weissen Häuser. Eines Morgens früh um vier, werden sie kommen mit tausend schwarzen Panzern, die kreuz und quer durch unsre Äcker rollen, und mit Fallschirmen wie graue Heuschrecken vom Himmel herab.

Wer sagt das?

Peider, der Soldat(B1S10)

Der Soldat hat Barblin erfolgreich mit seiner Wichtigkeit beeindruckt.

Hosenscheisser! Sie sind's nicht wert, dass ich kämpfe für sie. Nein. Aber ich kämpfe. Das steht fest. Bis zum letzten man, das steht fest, lieber tot als Untertan, und drum sage ich: Also - ich bin Soldat und hab ein Aug auf sie . . .(B1S19)

Wenn einer seine Liebe hat
und einer ist Soldat, Soldat,
das heisst Soldatenleben,
und auf den Bock,
und ab den Rock -
(B1S21)

Da der Soldat geschworen hat, unter Einsatz seines Lebens die Andorraner zu wehren, erhebt er einen Ansprüch auf Barblin.

Aber du hast Glück, ein sozusagen verfluchtes Glück, nicht jeder Jud hat Glück so wie du, nämlich du kannst dich beliebt machen.
Ich sage: beliebt machen!

Bei wem? Bei der Armee(B1S20)

Der Soldat ist Vertreter der Armee.

Wenn Andri diese Chance genommen hätte, hätte er vielleicht überlebt.

Und für deinesgleichen sollen wir kämpfen? Bis zum letzten Mann, weiß du, was das heißt, ein Batallion gegen zwölf Batallione, das ist ausgerechnet, lieber tot als Untertan, das steht fest, aber nicht für dich!(B1S21-22)

Wenn man diesen Satz genau anschaut, sieht man, dass der Soldat nicht versprochen hat, Andri zu schützen. Die Armee hat sich später schändlich benommen, hat aber keine große Enttäuschung begangen, in dem sie den Schwarzen geholfen hat, Andi später zu töten.

Wir kämpfen nicht, sagt er, bis zum letzten Mann, wir sterben nicht vonwegen ihrer Übermacht, wir ziehen den Schwanz ein, wir scheissen in die Hosen, dass es zu den Stiefeln heraufkommt, das wagt er zu sagen: mir ins Gesicht, der Armee ins Gesicht!(B1S22)

Der Soldat behauptet explizit, dass er Vertreter der Armee ist.

Andri hat den Soldaten wegen Feigheit nicht beschuldigt. Der Soldat hatte Furcht davor, dass er wirklich feig sei, und will Andere überzeugen, dass er tapfer ist, um sich selbst zu überreden.

Aber du hast Angst!
Weil du feig bist.

Wieso bin ich feig?
Weil du Jud bist.(B1S22)

Andri wurde von diesen Wörtern sehr betroffen.

Der macht sich nicht beliebt bei mir. (B1S23)

Andri hat seine Chance verloren.

Ich gebe zu: Ich hab ihn nicht leiden können.(B7VS58)

Der Soldat ist nicht der Einzige, der einen kleinen Fehler statt eines Großes eingesteht (vgl. der Wirt S24). Es ist auch wahr, dass Andri und der Soldat sich nicht gut verstanden haben.

Übrigens glaub ich noch heute, dass er einer gewesen ist.(B7V58)

Einigermassen hat der Soldat Recht. Diese Meinung ist aber sehr gefährlich.

Aber ich hab ihn nicht getötet. Ich habe nur meinen Dienst getan. Order ist Order. Wo kämen wir hin, wenn Befehle nicht ausgeführt werden! Ich war Soldat.(B7VS58)

Obwohl die Begründung ziemlich vernünftig scheint, dass er als Soldat alle Befehle ausführen musste, klingelt es nach einer Ausrede.

Wieso kann Andorra nicht überfallen werden?
Ich sage: Pfui Teufel!
(B8S66)

Der Soldat ist besorgt, und hat eine bessere Ahnung von der Zukunft als der Doktor.

Bis zum letzten Mann, das ist Order. (B8S67)

Der hat dieses Befehl nicht befolgt.

Habt ihr das gehört? Ob's in Andorra keine Weiber gibt, fragt sie.
Was hast du gesagt?
- nein, aber Männer!
Hast du gesagt?
- ob sie vielleicht nach Andorra kommt, weil's drüben keine Männer gibt.(B8S72)

Der Soldat lügt, um den Gesellen zu beeindrucken.

Das ist er schon wieder. Gelb wie ein Käs! Der will mich verhauen . . . [...] Gehn wir. (B8S73)

Hat der Soldat Angst vor Andri? Er will nicht kämpfen, bis Andri durch Beharrlichkeit es nötig macht. Auf der anderen Seite war es möglich, dass er Andri nur nicht verletzen will.

Wo bleibt der Pater an dieser Stunde?
Der betet wohl für den Jud!(B12S115)

Der Soldat zeigt seine Intelligenz nochmal.

Wer ist die?
Die Judenhure Barblin.
Verschwinde!
Wer bist du? (B12S125)

Hat der Soldat eine Identität ausser dem Soldatensein?

Wo hast du deine Trommel?
Lach nicht! (B12S125)

Er hat keine Macht mehr.

Einstellungen von Frisch zu der Armee

Und was macht ihr Soldaten? Ihr lungert in allen Gassen herum, eure Daumen in Gurt, und schielt uns in die Bluse, wenn eine sich bückt (B1S7).

Frisch benutzt Barblin, um wichtige Ideen zu den Zuschauern zu vermitteln (vgl. das Ende des Stückes und das Gespräch mit dem Pater und dem Jemanden in Bild 1).

Die Überflüssigkeit der Armee wird hiermit betont.

Aber ich kämpfe. Das steht fest. Bis zum letzten man, das steht fest, lieber tot als Untertan, und drum sage ich: Also - ich bin Soldat und hab ein Aug auf sie . . .(B1S19)

Der Soldat hat nicht gekämpft. Er muss also auf sein Privileg auf Barblin verzichten, und macht das am Ende (obschon seine Taten auch aus anderen Motivationen stammen koennten).

Aber ordentlich! hab ich gesagt. Wie bei der Armee! Her mit dem Gewehr.(B10S95)

Die Ironie an diesem Satz ist gewaltig.

[...] Wenn es gepfiffen wird: stehenbleiben auf der Stelle. Verstanden? Achtungstellung wird nicht erlangt: Ist das klar? Achtungstellung macht nur die Armee, weil sie's gübt hat.(B12S115)

Hat die Armee einen anderen Zweck, ausser Achtungstellung zu üben?

John Fremlin